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Es lohnt sich, in Krisenzeiten für das Positive einzustehen und immer wieder ‚Ja‘ zu sagen

Stella Schaller arbeitet als Wegbegleiterin in Transformationsprozessen, sei es auf individueller oder organisatorischer Ebene. Sie selbst bezeichnet sich als Possibilistin – jemand, der sich am bestmöglichen Szenario orientiert und seine Kräfte dafür einsetzt, es zu realisieren.

Frau Schaller, wie erklären Sie Ihren Beruf jemandem, der noch nie etwas von Transformation und regenerativer Gesellschaft gehört hat?

Ich beschäftige mich mit der tiefen Transformation einer zerstörerischen, nicht nachhaltigen Gesellschaft hin zu einer nachhaltigen, regenerativen Kultur – und wie uns das kollektiv gelingen kann. In meiner Arbeit begleite ich große und kleine Veränderungsprozesse. Das beinhaltet nicht nur eine Umstellung der Technologie, sondern auch kulturelle und emotionale Prozesse – also einen tiefgreifenden Wandel unseres Lebensstils, unseres Denkens und unserer Identität und Haltung. Hier werden Fragen bewegt wie ‚Wo wollen wir hin? Was ist das gute Leben? Wie stelle ich mir die Zukunft vor?‘ Es gilt, ein inneres Bild davon zu entwickeln, einen klaren inneren Kompass zu besitzen und neues, konstruktiveres Denken anzunehmen. Das alles sind Transformationskompetenzen, die man trainieren kann.

Was heißt Transformation konkret?

Es ist eine Veränderung, die nicht nur an der Oberfläche stattfindet, sondern in der Tiefe. Für unsere Gesellschaft kann das bedeuten, dass wir nicht mehr Herrscher der Natur und getrennt von ihr sind, also im Ego-Modus, sondern dass wir Hüter der Natur und mit ihr verbunden sind, im Eco-Modus. Weg von einer degenerativen Gesellschaft, die immer nur nimmt, hin zu einer regenerativen Gesellschaft, die dem Planeten etwas zurückgibt, ihn heilt. Dieser Wandel muss sich in allen Gesellschaftsbereichen abspielen – von der Wirtschaft über die Landwirtschaft bis zur Politik.

Das heißt, Regeneration geht über Nachhaltigkeit hinaus?

Richtig. Es reicht nicht nur, Schäden zu minimieren und zu neutralisieren. In einer Zeit, in der die Welt maximal belastet ist, müssen wir die Umwelt reparieren und Schäden wiedergutmachen. Regeneration ist inspiriert von der Natur, in der alles in Kreisläufen und symbiotisch-kooperativ funktioniert. Diese Prinzipien werden genutzt und in allen möglichen Bereichen angewendet.

Was sagen Sie Menschen, die angesichts diverser Klima- und geopolitischer Krisen resignieren und wenig Grund zur Hoffnung sehen?

Es ist wichtig, die eigene Verzweiflung, die Wut und Trauer anzuerkennen und an sich heranzulassen. Aber dann lohnt es sich auch, eine Gegenvorstellung davon zu konstruieren, welche Entwicklung man sich wünscht – und sich mit dieser zu verbinden. Es ist möglich und es lohnt sich, seine positive Kraft zu stärken und immer wieder ‚Ja‘ zu sagen.

Wird eine regenerative Gesellschaft heute schon irgendwo sichtbar?

Es gibt viele Pilotprojekte, die einzelne Aspekte davon umsetzen – beispielsweise die Bürgerräte in der Politik, die Permakultur in der Landwirtschaft, flexible Mehrgenerationenhäuser, die Einsamkeit vorbeugen und vieles mehr.

Welche Empfehlungen geben Sie Hotels und Gastronomiebetrieben, um sich im Sinne einer regenerativen Zukunft zu entwickeln?

Allen voran ist ein offenes, zukunftsgewandtes Mindset sinnvoll: zusammen statt allein. Es ist ratsam, innerhalb der Branche groß zu denken und Initiativen voranzutreiben – beim Wissensaustausch, der Entsorgung, der Energie oder der Produktbeschaffung. Ich empfehle außerdem, ein Mitglied der Gemeinwohl-Ökonomie zu werden – ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell mit dem Ziel einer ethischen Wirtschaftskultur. Ein großes Thema der Zukunftsfähigkeit ist auch der Fachkräftemangel – Themen wie Purpose, New Work, Work-Life-Balance spielen hier für die Attraktivität als Arbeitgeber eine große Rolle.

Text: Eva Pohn
Bild: Jacqueline Schulz
11. September 2024
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