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Wer will ich sein – ein Statist, eine Nummer oder doch ein mutiger Macher?

Als Gründer von Rebels at Work bringt der Spiegel-Bestsellerautor Dr. Peter Kreuz Menschen zusammen, die Veränderung nicht mit dem Hammer, sondern dem Hirn vorantreiben. Veränderungen, die auch die eigene Marke betreffen können …

Herr Dr. Kreuz, was verstehen Sie unter eintöniger Markenführung?

Schauen Sie sich um. Dann sehen Sie eintönige Markenführung: Uns umgibt ein Meer der Ununterscheidbarkeit. Ähnliche Firmen mit ähnlichen Leuten stellen ähnliche Mitarbeiter ein und bieten ähnliche Dienstleistungen zu ähnlichen Preisen. Da hilft es auch nicht, mit glasigen Augen gebetsmühlenartig zu wiederholen: „Wir müssen besser, besser, besser werden!“ Jeden Tag ein bisschen besser zu werden, das ist heute gerade mal die Eintrittskarte zum Mitspielen im Wettbewerb.

Was macht Ihrer Meinung nach eine starke Marke aus?

Eine starke Marke achtet darauf, dass Verhaltensmuster, die bisher funktioniert haben und den Erfolg des Unternehmens und der Marke begründet haben, nicht zu heiligen Kühen werden. Es ist die Bereitschaft, tradierte Überzeugungen infrage zu stellen, konventionelle Erfolgsmuster anzugreifen, gedankliche Zwangsjacken abzulegen und Denkgrenzen immer wieder zu sprengen.

Wie schafft man es, seine Marke/sein Unternehmen aus einem starren Korsett zu befreien?

Nach meiner Überzeugung braucht es dazu vier Dinge: Erstens einen unvoreingenommenen Blick auf das Bestehende. Zweitens den Mut, Dogmen konsequent infrage zu stellen. Drittens das Rückgrat, Neues umzusetzen, oft auch gegen Bedenkenträger. Und viertens eine gehörige Portion Sturheit: Denn das Unmögliche ist oft auch das Unversuchte.

Wie geht man auf dem Weg zu einer neuen/starken Marke mit Rückschlägen um?

Neue Wege gehen, ohne gegen Wände zu laufen, funktioniert nicht. Neue Ideen, Rückschläge und Gegenwind gehören zusammen. Konventionelle Typen setzen erst alle i-Punkte genau, bevor sie es wagen, ihre Idee auf den Markt zu werfen. Diese Zeit haben Sie heute nicht mehr. Im Wirtschaftsmagazin Forbes war vor einiger Zeit ein schönes Zitat zu lesen: „Wenn man sich in der heutigen Zeit keine blutige Nase holt, kann man eigentlich nur eines sein: tot.“

Welche Charaktereigenschaften braucht es, um verkrustete Strukturen aufzubrechen?

Der wesentliche Charakterzug beginnt mit der Akzeptanz des Gedankens, dass wir im Leben immer eine Wahl haben. Wer will ich sein? Ein Statist, eine Nummer in der Branchenstatistik, der zwanzigste austauschbare Gastronomiebetrieb in meiner Stadt, das achte Ganz-Okey-Hotel oder ein Gestalter, ein mutiger Macher? Verlasse ich mich darauf, dass bessere Rahmenbedingungen, genügend gute Mitarbeiter etc. von oben kommen oder sorge ich selbst dafür, dass es besser wird? Diese Haltung macht den Unterschied, sie prägt die Marke. Und diese Haltung ist eine Wahl.

Was sagen Sie zu Menschen, die sich auf ausgetretenen Pfaden wohlfühlen und es angenehm empfinden, in vorgefertigten Schablonen zu denken?

Nennen wir es freundlich den Wunsch nach Stabilität. Und da ist es richtig zu sagen: Ohne ein starkes, stabiles Fundament kann man nichts von dauerhaftem Wert aufbauen. Insofern ist Stabilität – auch für eine Marke – ein sehr hoher Wert. Diese Stabilität ist aber dann hinderlich, wenn sie als Starrheit und Vergötterung der Vergangenheit missverstanden wird.

Was raten Sie Hoteliers und Gastronomen, die mit dem Gedanken spielen, ihre Marke neu zu positionieren?

Schärfen Sie Ihre provokative Kompetenz! Es reicht nicht, nur kompetent zu sein, denn das erlaubt durchschnittliche, einwandfreie Arbeit, die ganz in Ordnung ist, aber nicht über das Bewährte hinausgeht. Es genügt auch nicht, nur provokativ zu sein. Dann vergisst das Hinterfragen seinen Zweck, wird zum Selbstzweck und dient nicht mehr der Sache. Es geht also darum, beides zugleich zu sein. Kompetent, d. h. gründlich, geschäftsorientiert, verantwortungsbewusst und gleichzeitig provokativ, d. h. herausfordernd, hinterfragend und kreativ.

Text: Eva Pohn
Bild: Marc Wilhelm
11. September 2024
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