Rene Marx ist seit vielen Jahren einer der führenden Energieexperten in der HOGAST-Unternehmensgruppe. Er beschäftigt sich dadurch auch intensiv mit nachhaltigen Formen der Energiegewinnung. Sein Zwischenfazit: Der beste Zeitpunkt für Unternehmen im Tourismus und Pflegebereich, mit einer Fotovoltaik-Anlage eigenen Strom zu produzieren, ist genau jetzt!
HERR MARX, SIE SIND EIN VERFECHTER VON SONNENENERGIE. WARUM?
RENE MARX: Die Amortisation von Fotovoltaikanlagen ist mittlerweile sehr gut. Früher sind wir von 12 bis 15 Jahren ausgegangen; wenn ich heute eine 30-Kilowatt-Peak-Anlage auf meinem Dach habe und 30.000 Kilowattstunden Strom im Jahr produziere, gleiche ich die Investitionskosten nach zehn Jahren aus … ohne irgendwelche Förderungen. Mit diesen Unterstützungen – es gibt verschiedene Bundes- und Landesförderungen – komme ich auf nur sechs bis sieben Jahre Amortisationszeit. Und das in Relation zu einer Lebensdauer der Anlage von zirka 25 Jahren.
IST NACHHALTIGKEIT ALSO GAR KEIN ARGUMENT MEHR?
Doch, natürlich wird mit Fotovoltaik sauberer Strom produziert, das ist ein schöner Nebeneffekt. Aber wir sind mittlerweile weit davon entfernt, dass man das nur aus idealistischen Motiven macht. Selbst wenn sich jemand um die Umwelt gar keine Gedanken macht: Eine Fotovoltaik-Anlage erhöht die Rendite, und das ziemlich schnell.
WIR SPRECHEN ALS HOGAST-GRUPPE AUS EIGENER ERFAHRUNG.
Absolut. Unsere Anlage wurde 2011 errichtet. Damals war die Herangehensweise schon, dass wir uns den Energieverbrauch und die benötigte Leistung des Gebäudes angesehen haben. Die Fotovoltaik-Anlage wurde dann so dimensioniert, dass wir die gesamte produzierte Energie selber verbrauchen können, ohne etwas davon in das Stromnetz einzuspeisen.
Das empfehlen wir bis heute auch unseren Mitgliedern. Der Hintergrund ist, dass man für die eingespeiste Energie maximal ein Drittel der Gesamtkosten erhält – für den Strom, den man selbst verbraucht, spart man aber natürlich die kompletten Kosten, weil man diesen Anteil nicht zukaufen muss.
LOHNT SICH EINE FOTOVOLTAIK-ANLAGE IMMER?
Nein, aber sie lohnt sich für alle Ganzjahresbetriebe. Bei einem reinen Winterhotel liegt Schnee am Dach, während es geöffnet hat. Da macht eine Fotovoltaik-Anlage natürlich keinen Sinn. Wenn ein Haus dagegen ganzjährig offen ist, sei es im Tourismus oder im Pflegewesen, ist eine solche Investition aber absolut zu empfehlen.
Auf große technische Fortschritte brauche ich nicht mehr zu warten. Es wurde schon vor 20 Jahren viel in die Weiterentwicklung von Fotovoltaikanlagen investiert, insbesondere in Deutschland. Mittlerweile ist die Technologie sehr ausgereift und die Stromerzeugung aus Sonnenenergie äußerst effizient. Auch die Kaufpreise sind auf einem sehr niedrigen Level. Große Anlagen können um 1.200 bis 1.500 Euro netto pro kWp, fertig installiert, errichtet werden.
Was aber wichtig ist: Ich brauche einen guten Partner, der die Anlage richtig dimensioniert, damit ich keine oder nur wenig Netzeinspeisung habe. Professionelle Planer können genau berechnen, wie’s in einem Haus mit dem Stromverbrauch aussieht und wie viele Stunden im Jahr bei mir die Sonne scheint. Daraus ergibt sich, wie viele Solarmodule ich idealerweise am Dach haben sollte.
IST DAS ZIEL, AUCH DEN VERBRAUCH IN SPITZENZEITEN ABDECKEN ZU KÖNNEN?
Nein, im Gegenteil. Spitzenverbrauch bedeutet ja, dass ich diese Spitze nur selten erreiche. In jeder anderen Situation produziere ich dann zu viel Strom. Das bedeutet, wenn man eine Maximalleistung von 150 kW hat, sollte die Anlage so dimensioniert sein, dass sie – als Beispiel – etwa 70 bis 80 kW produziert. Damit ist der verbrauchsmäßige Grundstock abgedeckt. Was ich darüber hinaus an Strom benötige, kaufe ich zu, um eben selbst nichts ins Netz einspeisen zu müssen.
WOBEI: IM SINNE DER NACHHALTIGKEIT IST ES NICHT SCHLIMM, WENN ICH SAUBEREN STROM AUCH FÜR ANDERE PRODUZIERE …
Richtig, deshalb gibt es auch schon Bestrebungen, dass große Betriebe mit ihren Fotovoltaik-Anlagen auch ihre unmittelbare Nachbarschaft versorgen dürfen. Das ist derzeit gesetzlich noch nicht möglich, weil sie keine offiziellen Energieversorger sind. Ich kann nicht sagen, wie lange es noch dauert und sich lokale Strom-Gemeinschaften bilden können – aber es wird jedenfalls daran gearbeitet.
Das ist auch im Zusammenhang mit der E-Mobilität ein wichtiges Thema. Es gibt schon jetzt viele dezentrale Ladepunkte für Elektrofahrzeuge, und es werden künftig noch wesentlich mehr werden. Der Bedarf wird mit einer zentralisierten Versorgung nicht mehr gedeckt werden können. Stattdessen wird es viele kleine Energieversorgungsstellen geben und auch Private, die Storm verkaufen dürfen; Fotovoltaik wird dabei eine wichtige Rolle spielen.
GIBT ES BEI DER EIGENPRODUKTION VON STROM GLEICHWERTIGE ALTERNATIVEN ZUR FOTOVOLTAIK-ANLAGE, ZUM BEISPIEL EIN KLEINES WASSERKRAFTWERK?
Mit Wasserkraft spielt man in puncto Effizienz und Amortisation in der gleichen Liga wie mit Sonnenenergie. Aber es scheitert alleine daran, dass kaum jemand ein Wasserrecht hat. Windkraft hat sich bisher aus mehreren Gründen nicht durchgesetzt: Optik, Lärm und auch Vogelschutz. Mein eigenes Dach gehört dagegen mir, da darf ich also prinzipiell Sonnenkollektoren errichten. Sie stören dort oben auch niemanden und sind geräuschlos. Also ist das letztlich rechtlich, optisch und ökologisch die beste und auch einfachste Lösung.
Titelbild: Getty Images
6. September 2021
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