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Gesundheitstourismus muss man heute anders denken

Die Curhäuser der Marienschwestern in Bad Kreuzen und Bad Mühllacken sind die einzigen in Österreich, die traditionelle europäische Medizin (tem) in Verbindung mit moderner Schulmedizin praktizieren – und haben damit großen Erfolg. „Im Jahr 2012 begann der Pionierweg des Curhauses in Bad Kreuzen als 1. Zentrum für traditionelle europäische Medizin. Die Methoden der Erfahrungsmedizin aktivieren die Regenerations- und Selbstheilungskräfte eines Menschen“, sagt Friedrich Kaindlstorfer, Betriebsleiter und Geschäftsführer der Curhaus Marienschwestern GmbH. Ein Gespräch über Heilfasten, Hydrotherapie nach Pfarrer Kneipp und andere Gesundheitsmaßnahmen zur Prävention und Heilung.

WIE WIRD MAN ALS „LAIE“ GESCHÄFTSFÜHRER EINES HAUSES, DAS EINEM ORDEN GEHÖRT?

Kaindlstorfer: Bis vor 15 Jahren arbeitete ich in einer Führungsposition bei der Caritas im Sozialbereich. Da ging es um die Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen in den Arbeitsmarkt. Das war eine schöne Aufgabe, aber ich wollte mich verändern und erfuhr von der Stelle bei den Marienschwestern. So kam ich als Quereinsteiger in den Gesundheitstourismus. Die Aufgabe als Betriebsleiter in Bad Kreuzen hat mich gleich stark gefordert. Wir hatten ein tolles Team, doch die Auslastung des Curhauses, des damaligen Kneipp-Traditionshauses, lag nur bei 45 Prozent. Meine Aufgabe und mein Ziel war, die Auslastung deutlich zu steigern.

WIE IST IHNEN DAS GELUNGEN?

Kaindlstorfer: Durch eine Erweiterung der Angebotspalette und innovative Ideen. Ich absolvierte selbst eine Ausbildung in der TEM und war von der Erfahrungsmedizin unserer Ahnen angetan und überzeugt. Zu den fünf Säulen der TEM gehört auch die Wassertherapie, die damals schon Schwerpunkt der Kneipp-Traditionshäuser in Bad Kreuzen und Bad Mühllacken war. Ich setzte mich dafür ein, dass TherapeutInnen und ÄrztInnen in der TEM geschult wurden. Die Wasseranwendungen blieben ein tragender Fixpunkt in unseren Häusern. Die weiteren Säulen der TEM sind Heilpflanzen, Bewegung, Ernährung und Lebensordnung/Lebensstil. Mit der Kombination von moderner Wissenschaft und erprobtem Naturheilwissen sowie Naturheilmethoden können wir nun mehr Gäste, nämlich Jung und Alt ansprechen. Viele kommen ein paar Tage, um sich typgerecht zu entspannen, ihre Immunkraft zu stärken oder ihre innere Balance wiederzufinden. Die TEM ist auch etwa bei funktionellen Störungen, in der Rehabilitation und Rekonvaleszenz sowie bei chronischen Erkrankungen und Stressfolgen erfolgreich.

DIE TEM WAR VOR 20 JAHREN BEI UNS KAUM BEKANNT, DER HYPE WAR DAMALS DIE TCM, ODER?

Kaindlstorfer: Ja, aber warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute für unsere Gesundheit so nah liegt. Kernelemente der TEM sind etwa die Säftelehre mit den vier Archetypen. Das Wissen von Paracelsus, der Klostermedizin, Hildegard von Bingen, Pfarrer Sebastian Kneipp, Rudolf Steiner etc. sind Bestandteile. Viele der traditionellen Methoden und Mittel sind dann in Vergessenheit geraten. Erst etwa in den vergangenen 30, 40 Jahren begann die Renaissance der Erfahrungsmedizin, und Wissenschafter tragen bis heute neues „altes“ Wissen zusammen.Wir arbeiten mit Experten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz zusammen, entwickeln Methoden weiter und passen sie an die Bedürfnisse der heutigen Zeit an. Die TEM verkörpert unsere Werte der Nachhaltigkeit und Naturverbundenheit. Wir haben typgerechte Behandlungen wie die Reflexologie oder Frauen-Massage (mit-)entwickelt, nutzen etwa das Schröpfen oder den Aderlass nach Hildegard von Bingen. Das Thema Detox und Fasten gehört zu unseren Spezialgebieten. Dazu haben wir eine App, den „Leichter Leben Coach“ entwickelt, der Menschen beim Abnehmen und Entlasten des Organismus auf Basis der TEM unterstützt. Mittlerweile sind wir für unsere Ideen und Konzepte auch mehrfach ausgezeichnet worden.

WELCHE GÄSTE KOMMEN ZU IHNEN?

Kaindlstorfer: Unsere Gäste haben unterschiedliche Ziele. Viele kommen zur Prävention oder um nach stressigen Zeiten ihre innere Balance wiederzufinden. Manche wollen ihre Selbstheilungskräfte durch Anwendungen, die in der TEM auf die individuelle Konstitution abgestimmt sind, stärken. Natürlich haben wir viele Gäste, die mit gesundheitlichen Problemen kommen: mit Folgen von Übergewicht, Stoffwechselproblemen, Herz-Kreislauf-Störungen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Allergien, nach Operationen, Burnout oder mit Problemen am Bewegungsapparat. Unser Klientel ist eher weiblich. Das ist ganz typisch, wenn es um Naturheilkunde und komplementäre Ansätze geht. Nach mehrmaligem Aufenthalt der Frauen kommen aber oft auch die Männer mit.

WIE LANGE BLEIBEN DIE GÄSTE IM SCHNITT?

Kaindlstorfer: Manche kommen für ein Schnupperwochenende. In der Regel bleiben die Gäste eine Woche lang. Viele kommen regelmäßig, manche gönnen sich eine Woche mehrmals im Jahr.

SIE BIETEN KEINE KLASSISCHE KUR AN, DIE VON DER KASSE BEZAHLT WIRD, ODER?

Kaindlstorfer: Nein. Aber wir haben Verträge mit kleineren Kassen, die Zuschüsse leisten, wie etwa die LKUF, SVS und BVAEB.

WELCHE ROLLE KOMMT DEM ORDEN, DEN MARIENSCHWESTERN ZU?

Kaindlstorfer: Die Spiritualität gehört zu unseren Werten und bereichert die Atmosphäre im Haus. In Bad Kreuzen hat zum Beispiel Sr. Christiane, die Oberin des Hauses, immer ein offenes Ohr für die Probleme und Sorgen der Gäste. Sie führt auch Meditationen mit den Gästen durch. Andere Schwestern wirken im Hintergrund oder in der Küche, aber nicht im Gesundheits-/ Therapiebereich. Die Marienschwestern vom Karmel sind die Eigentümer der beiden Curhäuser und stehen dem Leben aufgeschlossen gegenüber. Ob ein Gast religiös ist oder nicht, spielt keine Rolle. Wir bieten Gästen wahlweise zum Beispiel die Teilnahme an Messen oder dem Gebet der Schwestern an sowie Workshops zu spirituellen Themen.

ARBEITEN SIE GEWINNORIENTIERT?

Kaindlstorfer: Ja. Wir sind seit 2018 als GmbH eingetragen, diese strukturelle Änderung war für uns wichtig. Wir sind kein Zuschussbetrieb mehr. Unsere Gewinne werden reinvestiert. Wir wollen den Ansprüchen der Gäste gerecht werden, und es stehen immer wieder auch bauliche Maßnahmen an. Erst kürzlich wurde das Hallenbad in Bad Kreuzen modernisiert. Wir sind auch Mitglied der HANDOVER, einem Unternehmen, das seine Mitglieder beim Beschaffungsmanagement unterstützt. Im Miteinander und der gegenseitigen Unterstützung ist man stärker und kann in manchen Bereichen effizienter wirtschaften. Diese Konzentration auf die Menschlichkeit, auf das faire und wertschätzende Miteinander ist Teil unserer Philosophie in den Curhäusern und diese Werthaltung haben wir auch bei HANDOVER im Geschäftlichen gefunden. Die Mitgliedschaft zahlt sich besonders in herausfordernden Zeiten, wie wir sie derzeit derzeit erleben, aus. HANDOVER bietet ja viel mehr als nur einen kostengünstigen Einkauf, zum Beispiel beziehen wir auch unseren Strom über HANDOVER.

Fotos: URHAUS Marienschwestern GmbH
15. September 2022
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